Seit einiger Zeit lässt sich eine Zunahme an rechten Umtrieben in den beiden Städten der niedersächsischen Provinz beobachten. Kein Grund zur Freude, wie wir finden!
Paradebeispiel rechter Aktivitäten – die Aktionsgruppe Gifhorn
In Gifhorn gibt es eine neonazistische Kameradschaft, die sich selbst „Aktionsgruppe Gifhorn“ (AGG) nennt und im Frühjahr 2011 das erste Mal öffentlich in Erscheinung getreten ist – zunächst über einen Facebook-Account und eine Internetseite, später dann mit Aufklebern, Graffiti wie „NS jetzt!“ oder „Anti-Antifa“ und diversen kleineren Aktionen. Des Weiteren nahmen sie bis dato an unzähligen rechten Aufmärschen teil, wie zum Beispiel den geschichtsrevisionistischen „Trauermärschen“ in Dresden und Magdeburg. Am 1. Mai 2012 waren Mitglieder der AGG an einem gewalttätigen Angriff auf ein alternatives Hausprojekt in Neuruppin (Brandenburg) beteiligt, bei dem es zu Stein- und Flaschenwürfen von Seiten der Nazis kam.
Bei einer antirassistischen Kundgebung für die BewohnerInnen des Flüchtlingsheims Meinersen auf dem Schillerplatz und bei einem Friedensmarsch des Gifhorner Bündnisses „Bunt statt Braun“ provozierten sie gezielt Demonstrierende und wollten diese mit ihrem Auftreten einschüchtern. Eine weitere Veranstaltung des Bündnisses wurde versucht zu stören, als im Oktober letzten Jahres der investigative Film „Blut muss fließen“ in der Stadthalle gezeigt wurde.
Bei einem anderen Vorfall attackierte eine Person, die in Nazikreisen unter dem Pseudonym „Aryan Klaus“ (zu Deutsch: „arischer“ Klaus) bekannt ist, einen alternativen Jugendlichen mit Fußtritten und wurde später zu drei Jahren auf Bewährung verurteilt. Eben jene Person ist festes Mitglied der Gruppe, posiert im Internet vor Hakenkreuzfahnen und feiert den Geburtstag von Adolf Hitler.
Zuletzt provozierten Neonazis beim Gifhorner Ostermarsch im April 2013.
Uelzen – eine neue Naziszene etabliert sich
In der Nacht des 13. auf den 14. November 2012 wurde das „Selbstorganisierte Zentrum“ (SoZ) in Uelzen mit neonazistischen Graffiti beschmiert. Zudem wurden an dem explizit linken Projekt mehrere Aufkleber mit rechten Inhalten angebracht. Damit jedoch nicht genug: In der gesamten Innenstadt wurden in besagter Nacht mehrere hundert Aufkleber verklebt und diverse Male das Kürzel „FKU“ (Freie Kräfte Uelzen) an Häuserwände und auf Straßen gesprayt. Bei dem Begriff der „Freien Kräfte“ handelt es sich um eine oft verwendete Selbstbezeichnung neonazistischer Kameradschaften. Zunächst gab es allerlei Verwirrung durch Polizei und Presse, die behauptet hatten, dass es „keine organisierte rechte Szene“ in Uelzen gäbe. Aufgrund der Inhalte der Aufkleber und der verwendeten Schriftzüge ist ein neonazistischer Hintergrund der Taten mehr als offensichtlich.
Zudem traten die „Freien Kräfte Uelzen“ bereits in der Vergangenheit mehrmals in Erscheinung, etwa durch das Verteilen von NPD-Werbematerial. Kurze Zeit später tauchte dann auch eine Internetpräsenz der FKU auf, in der gegen MigrantInnen und „Nicht-Deutsche“ gehetzt wurde – Inzwischen ist diese Seite jedoch wieder offline. Mittlerweile ist es also mehr als offensichtlich, dass sich eine Nazi-Kameradschaft konstituiert hat und öffentlich in Erscheinung tritt.
Neben dem Personenkreis der den „Freien Kräften Uelzen“ zuzuordnen ist gibt es in Uelzen auch weitere aktive Neonazis – und das seit langem. Beispielhaft dafür sind die NPD-Kundgebung im Zuge der Landtagswahl 2013 an der auch Uelzener Neonazis teilnahmen und rechtsradikale Konzerte, wie zuletzt im Juni 2011 in Ebstorf.
Eine neue Dimension nazistischer Gewalt in Uelzen wurde durch ein Angriff auf eine Antifaschistin am Abend des 11. Februar 2013 erreicht. Die Person wurde im Uelzener Stadtgebiet von drei Nazis mit den Worten „Ey, Antifa!“ angepöbelt und versuchte daraufhin zu flüchten. Dabei wurde sie jedoch von besagten Nazis auf den Boden geworfen und mehrmals in Bauch und Unterleib getreten. Der Angriff wurde von Beleidigungen und Drohungen wie „da könnt ihr mal sehen, was mit linkem Pack passiert“ begleitet. Nachdem die Angreifer von ihr abgelassen hatten, gelang es der Frau zu flüchten. Sie blieb glücklicherweise weitestgehend unverletzt. Seit diesem Angriff finden sich in unregelmäßigen Abständen Briefe in ihrem privaten Briefkasten, in denen weitere Angriffe angekündigt werden. Die lokale Zeitung schweigt sich trotz einer Presseerklärung weiter aus.
Ein Nazi kommt selten allein…
Die letzten Aktivitäten der Aktionsgruppe Gifhorn und der Freien Kräfte Uelzen konzentrierten sich vor allem auf die Mobilisierung für den nächsten „Tag der deutschen Zukunft“ (TDDZ), der am 1. Juni 2013 in Wolfsburg stattfinden wird. Der TDDZ ist einer der größten regelmäßigen Naziaufmärsche in Norddeutschland.
Die Neonazigruppierungen aus Gifhorn und Uelzen sind eingebunden in die „Freien Kräfte Niedersachsen Ost“, einem Zusammenschluss in dem ansonsten Kameradschaften aus Braunschweig & Wolfsburg (Aktionsbündnis 38), Salzgitter, Wolfenbüttel und Hannover agieren. Zusammen besuchten diese Gruppen im Jahr 2013 bereits Naziaufmärsche in Magdeburg, Dessau und Hannover.
Auf der Homepage der Aktionsgruppe Gifhorn dankt man unter anderem den Uelzener Neonazis für „die gute Zusammenarbeit“. All das bestätigt die Annahme, dass die AGG und die FKU fest in überregionale Strukturen integriert sind und sich logistisch sowie personell mit anderen Nazigruppierungen austauschen und vernetzen.
Zustände in der Provinz angreifen!
All diese Vorfälle und Fakten machen deutlich, mit wem man es zu tun hat, wenn es um die AGG oder die FKU geht: gefestigte Neonazis, die Andersdenkende einschüchtern und verletzen und auch sonst nicht vor Gewalt zurückschrecken, um ihre neonazistische Ideologie nach außen zu tragen. Dabei muss ebenso klar sein, dass Wegschauen gegen ÜberzeugungstäterInnen nicht hilft. Nazis sind weder „fehlgeleitete“ Heranwachsende noch „unzurechnungsfähige“ AußenseiterInnen. Sie hetzen bewusst gegen MigrantInnen, schüchtern Linke ein und verbreiten weiter ihre völkische Propaganda.
Dort wo Nazis ohne Gegenwehr agieren können, stellen sie eine Gefahr für das Wohl anderer Menschen dar. Daher gilt es auch in der Provinz, den Nazis das Leben so schwer wie möglich zu machen und ihrem oftmals ungestörten Handeln ein Ende zu setzen!
Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus entstehen nicht im luftleeren Raum, sondern sind Konsequenz dieser verkorksten Gesellschaft. Daher gilt es nicht nur Neonazis als Einzelpersonen oder Gruppierungen zu bekämpfen, sondern auch die Perspektive einer emanzipatorischen Gesellschaft zu schaffen!
Nazistrukturen auflösen!
Für mehr linke Jugendkultur und einen konsequenten Antifaschismus!
Mai 2013
Jugendantifa Uelzen
www.antifa-uelzen.org
Antifa-Bündnis „There is no german Zukunft“
tingz.blogsport.de
Text als Flyer zum Ausdrucken (.pdf)
Die „Freien Kräfte Niedersachsen Ost“ bei einem Aufmarsch in Magdeburg im Januar 2013. Mit dabei sind auch Personen aus Gifhorn und Uelzen.