Mittwoch, 30.04.2014
Demonstration zum Bildungsstreik
Uelzen – Herzogenplatz – 13:30 Uhr
Am 30.04.2014 plant die „Aktionsgruppe Bildung Uelzen“ (Link führt zu Facebook!) eine Demonstration gegen die Klassenfahrtenboykotte und die unbezahlte Mehrarbeit der Gymnasiallehrer_innen. Wir finden es super, dass sich Schüler_innen und Lehrer_innen gegen diese Beeinträchtigungen wehren wollen und werden uns daher an der Demonstration beteiligen. Allerdings denken wir, dass Forderungen wie „bessere Unterrichtsqualität“, „kleinere Klassen“ oder mehr Geld für das Bildungssystem längst nicht weit genug gehen und teilweise am Ziel vorbei schießen.
Schule bedeutet im Alltag oft nichts anderes als: Wir müssen frühmorgens zu den absurdesten Zeiten aufstehen und pünktlich auf der Matte stehen. Wenn wir mal krank sind oder keine Lust haben, müssen wir Entschuldigungen oder Atteste vorlegen. Im Unterricht lernen wir Dinge die wir uns nicht ausgesucht haben, die uns oft nicht interessieren und die wir nach der nächsten Klausur eh wieder vergessen. Durch ein mehrgliedriges Schulsystem wird uns schnell klar, dass nicht jede_r die gleichen Chancen hat und sich aussuchen kann, was er_sie später einmal machen möchte. Im Politikunterricht lernen wir außerdem, dass dieses politische System im Vergleich zu allen anderen alternativlos sei. All das sollen wir als naturgegeben akzeptieren. So werden wir auf das vorbereitet, was uns später erwartet: Leistungsdruck, Konkurrenz und Lohnarbeit. Nebenbei werden wir zu Staatsbürger_innen erzogen, die bestenfalls konstruktive Kritik üben dürfen, aber niemals den ganzen Laden in Frage stellen.
Schule im Kapitalismus dient in erster Linie nicht der Vermittlung von Wissen oder Bildung, sondern der Formung von optimalen Arbeitskräften für den nationalen Arbeitsmarkt. Ohne Menschen, die fast jeden Tag arbeiten gehen und um die verfügbaren Arbeitsplätze konkurrieren, würde dieses System nicht funktionieren.
Deshalb werden Schüler_innen schon möglichst früh an Leistungsdruck gewöhnt. Gute Schüler_innen lernen möglichst viel Stoff in möglichst wenig Zeit. Die Inhalte sind dabei oftmals egal. Wir fragen uns sowieso, welche Vorteile die Kenntnisse über die Anatomie von Fröschen oder die Zusammensetzung von Schwefelwasserstoffsäure dem Großteil der Menschen bringen. Wer bei einer Klausur etwas nicht gewusst hat, bekommt meist eine schlechte Note und nicht etwa den fraglichen Sachverhalt noch einmal erklärt. Ausgeglichen werden kann die Schlappe nur beim nächsten Thema. Das prägt: Schüler_innen wissen, dass ohne Druck nichts läuft und verinnerlichen den Zwang zum Lernen.
Das mehrgliedrige Schulsystem und die Bewertung nach Leistung führen zu einer negativen Auslese. Schüler_innen werden in „gut“ und „schlecht“ sortiert: Wer Abitur macht, hat die Chance – Chance heißt immer nur Möglichkeit und nie Sicherheit – studieren zu können, und dadurch die Chance auf einen besser bezahlten Job. Größere Chancen als Real- und Hauptschüler_innen, die diese Möglichkeiten nur über Umwege oder gar nicht haben. Dabei ist es gar nicht entscheidend, ob jemand „gut“ oder „schlecht“ bezahlt wird. Auch die vermeintlich besser gestellten Gymnasiast_innen sind genauso abhängig vom Lohn und müssen später fast jeden Tag arbeiten um ihr Leben finanzieren zu können. Das gesamte Lebensglück von Menschen ist an den Lohn geknüpft, daran, ob sie überhaupt welchen kriegen und wenn, wieviel sie bekommen.
Es geht in diesem Bildungssystem nicht um die Vermittlung von möglichst viel Wissen für Alle, denn dann wäre der Großteil der Arbeitskräfte überqualifiziert und wer soll dann noch bei Aldi an der Kasse sitzen? Es geht aber auch nicht um das „Dummhalten“ der Bevölkerung, denn regelmäßig beschweren sich Arbeitgebervertreter über die zu schlecht ausgebildeten Arbeitskräfte, die das deutsche Bildungssystem produziert. Ein „erfolgreiches“ Bildungssystem sorgt vielmehr für die optimale Befriedigung der unternehmerischen Anforderungen an die Lohnarbeiter_innen. Beispielsweise wird heute von Unternehmen auch erwartet, dass Berufsanfänger_innen eigenständig denken und in Gruppen arbeiten können. Das Bildungssystem hat sich auf diese veränderten Anforderungen eingestellt und fördert diese Kompetenzen nun als Alternative zum Frontalunterricht.
Forderungen nach „besserer Bildung“ oder „kleineren Klassen“ machen die Schulzeit vielleicht für die_den Einzelne_n erträglicher, greifen aber zu kurz, da sie den Zweck von Schule im Kapitalismus überhaupt nicht in Frage stellen. Auch beim Thema „Bildung“ wird deutlich, dass die Lösung gesellschaftlicher Probleme und damit auch die Verbesserung unserer individuellen Situation nur erreicht werden können, wenn wir uns mit der kapitalistischen Wirtschaftsordnung auseinander setzen und Alternativen aufzeigen.
…denn es geht ums Ganze!
Jugendantifa Uelzen